LESEPREDIGT zum 17. Januar 2021
„Die Hochzeit zu Kana“ - Johannes 2, 1-11


Gnade sei mit euch und Friede, von dem der da ist und der da war und der da kommt. Amen.


Liebe Gemeinde,
Das Johannesevangelium erzählt in den ersten Versen von Jesus Christus, dem Mensch gewordenen Wort Gottes. Es sagt von Jesus: Wir sahen seine Herrlichkeit.

Gleich im nächsten Kapitel wird davon erzählt, wie die Herrlichkeit Christi bei einer Hochzeit sichtbar wird.

Hochzeiten damals wurden nicht mit Polterabend, Kirche und anschließendem Kaffeetrinken gefeiert wie wir es gemeinhin kennen. Hier handelte es sich um eine orientalische Hochzeit. So eine Hochzeit zieht sich über mehrere Tage hin. Das ganze Dorf Kana welches nördlich von Nazareth im Libanon liegt, ist auf den Beinen. Da wird gekocht und gebacken und gebraten. Man feiert ein großes Fest mit Musik und Tanz und Essen in Fülle und natürlich auch mit Getränken. Möglicherweise verschuldet sich die Brautfamilie durch eine Woche Festlichkeiten mit vielen Gästen hoch. Es gehört dazu, die Gäste gut und reichlich zu bewirten. Auch Jesus, seine Jünger und Maria sind bei dieser Hochzeit dabei. Vielleicht gehören sie zur weiteren Verwandtschaft, vielleicht handelt es sich, wie manche Forscher meinen, um die Hochzeit des Jesusjüngers Nathanael. Für unsere Geschichte spielt das keine Rolle. 


Hauptsache: Jesus feiert mit. Nun passiert Folgendes. Der Wein geht zur Neige. Vielleicht sind mehr Menschen gekommen als man dachte. Vielleicht haben sie mehr getrunken als erwartet. Wenn kein Wein da ist, dann ist das für die Brauteltern eine Katastrophe. Natürlich kann man auch ohne Alkohol feiern und eine Hochzeit bricht dadurch nicht zusammen, dass der Wein ausgeht. Aber die Brauteltern setzen ihre Ehre daran, die Gäste überreichlich zu bewirten. Und jetzt droht der Wein auszugehen.

Maria merkt, die Unruhe bei den Kellnern. Sie merkt das Getuschel und das sorgenvolle Gesicht des Oberkellners.  So nimmt sie Jesus beiseite und sagt ihm: „Sie haben keinen Wein mehr. Jesus, sie haben keinen Wein mehr.“ Eigentlich ist das eine unauffällige Bemerkung, aber die Zielrichtung ist klar. 

Solche verklausulierten Aussagen kennen Sie doch sicherlich auch von Zuhause. Man sagt etwas indirekt und meint jemanden ganz direkt. Beispiel: Es müsste mal wieder aufgeräumt werden. Eigentlich ist gemeint: Wann räumst du endlich auf? Oder: Der Brief liegt immer noch hier. Gemeint ist: Wann gehst du endlich zum Briefkasten und wirfst den Brief ein. Sie kennen die Beispiele. Maria sagt: “Sie haben keinen Wein mehr.“ Dabei meint sie: Jesus, tu etwas! Regel das! Du kannst es doch!

Nun ist interessant, wie Jesus handelt. Als erstes: Er bleibt souverän. Er bestimmt Zeit und Stunde für sein Handeln. So antwortet er seiner Mutter barsch: „Was geht´s dich an Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Gott lässt sich nicht vorschreiben, was er wann, wo und wie zu tun hat. Gott tut alles zu seiner Zeit. Er bleibt souverän. 

Maria weiß, dass Jesus helfen kann und dass er grundsätzlich bereit ist, zu helfen. Darum geht sie zu den Dienern und Kellnern, zeigt mit dem Finger auf Jesus und sagt: „Was er euch sagt, das tut.“

Wenn mitten in der Hoch-Zeit des Lebens der Wein der Freude ausgeht und es an Liebe gebricht und an Vertrauen mangelt und an Hoffnung fehlt und die Treue verlorengeht; wenn das Miteinander nicht mehr gelingen will, dann gilt ein guter Rat: Was er euch sagt, das tut. Was Gott uns sagt, das sollen wir tun. Wo Gott uns hinführt, dahin sollen wir gehen. Wenn wir nicht mehr weiterwissen, dann weiß Gott noch weiter. So sollen wir wieder lernen auf Gott zu hören und ihm zu folgen. Was er euch sagt, das tut.

Und die Diener folgen dem Wort Jesu. Jesus fordert sie auf, die sechs großen Wasserbottiche, die am Eingang des Hochzeitssaals stehen bis oben zum Rand mit Wasser zu füllen. Und sie tun es. Und dann fordert er sie auf, aus den Bottichen zu schöpfen und es dem Speisemeister, dem Oberkellner zu bringen. Dieser ist überrascht über den leckeren Wein. 

Das Wunder geschieht ganz unspektakulär. Jesus gibt zum Beispiel keinen Befehl, wie er das sonst bei Wundergeschichten häufig tut. Zu dem Lahmen, der von Vieren getragen wird, sagt er ja: Steh auf, nimm dein Bett und geh. Hier hören wir kein Wort Jesu. Er sagt den Dienern nur, dass sie aus den Krügen schöpfen und es dem Speisemeister bringen sollen. Und der ist es dann, der überhaupt das Wunder konstatiert. Er nimmt den Bräutigam beiseite und spricht zu ihm: „Normalerweise gibt man den Gästen zunächst den besten Wein zu Beginn des Festes. Später, wenn sie angetrunken sind, schenkt man den einfacheren Wein aus. Du aber hast diesen Spitzenwein bis jetzt zurückgehalten.“

Auch wir können die leeren Krüge unseres Lebens bis an den Rand füllen mit dem, was wir haben: mit unseren Tränen und unserer Trauer‚ mit unseren Vorwürfen und Verletzungen, mit unseren Ängsten und Angriffen. Und wir dürfen darauf hoffen, dass Jesus verwandeln kann. Dass er unsere Belastungen ändern kann in Freude. Manchmal können wir erfahren, wie sich etwas in unserem Leben verwandelt, wie Gott unser Leben erneuert.  Wie manches Mal erzählen wir Erlebnisse, die sich zum Guten gewendet haben und dann sagen wir: „Da habe ich noch einmal Glück gehabt“, oder „Das war ein Wunder“, oder „Gerade noch mal gut gegangen“, oder „Da hatte ich wohl einen Schutzengel“. Und wir verstehen es als Gottes Handeln. Wir haben in mancher Lebenssituation sein Handeln erfahren, wo wir erleichtert aufgeatmet und befreit lachen konnten. Es waren Situationen, wo uns das Wasser unseres Lebens wie Wein mundete. Wie manches Mal haben wir die Herrlichkeit Christi erleben dürfen, in Bewahrungssituationen, in Führungssituationen, in Entscheidungen, in Krisen. Sicherlich, nicht immer, aber doch oft. Wie manches Mal durften wir den Wein schmecken und ein Stück Herrlichkeit erahnen.

Bei der Geschichte von der Hochzeit in Kana geht es nicht darum, dass viel guter Wein für ein großes Gelage vorhanden ist, sondern um die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Die Geschichte weist auf Jesu Gegenwart hin, die zu einem Fest ohne Ende, Wein in Fülle, Freude und gemeinschaftlichem Leben hinführt.

Ein Religionslehrer erzählte seiner Schulklasse die Geschichte von der Hochzeit zu Kana. Als er sie erzählt hatte, fragte er in die Klasse: „Was haben wohl die Leute damals gedacht, als Jesus so viel Wasser in Wein verwandelt hatte?“ Ein Junge meldet sich und sagt: „Die Leute haben sicher gedacht: Den laden wir auch mal ein!“ Schöner und richtiger kann man den Sinn der Geschichte nicht umschreiben. Die Erzählung möchte uns dazu bringen, Jesus einzuladen in die Hoch- und die Tief- Zeiten unseres Lebens. Damals auf der Hochzeit in Kana füllten sie die Wasserkrüge bis obenan mit Wasser, weil Jesus es gesagt hatte, und die Gäste bekamen den besten Wein für ihr Fest der Liebe. Wenn wir Jesus in unser Leben einladen kann er seine Herrlichkeit auch bei uns offenbaren.

Ein Wort zum Nachdenken am Schluss: Ein Mann möchte einen Bischof herausfordern und erzählt abfällig von der Hochzeit zu Kana: Die müssen ja nach dem Weinwunder Unmengen von Wein getrunken haben.
„Ja“, sagt der Bischof „es war so viel. Wir trinken heute noch davon.“ Amen.

Ewiger Gott, lass uns entdecken, wo deine Herrlichkeit in unserem Leben sichtbar wird. Lass uns dankbar werden, weil unser Leben durch deine gute Hand begleitet wird. Die Unfälle, die nicht schlimmer ausgingen, die Fehler, die ohne Folgen blieben. Das Brot, das wir essen, das Dach, das uns schützt. Danke Herr. Schenke uns immer wieder Deine Nähe und führe unser Leben zu dem ewigen Fest, dem wir entgegengehen, bei Dir. Amen.

Ernst Schmidt