Lesepredigt zum Mitnehmen
12. Sonntag nach Trinitatis, 30. August 2020

Predigttext: 1. Korinther 3, 9-15 

1. Auf der Baustelle


Liebe Gemeinde, 
das Leben ist bekanntlich eine Baustelle, immer in Bewegung, immer Veränderungen unterworfen, nie richtig fertig. Auch unser Glaube ist immer wieder Veränderungen und Entwicklungen unterworfen.
Paulus sagt: „Ihr seid Gottes Bau.“


Wenn jeder und jede einmal zurückschaut auf das bislang gelebte Leben, dann erinnern wir uns an Menschen, die uns in unserem Leben und unserem Glauben geprägt haben.
Da waren die Menschen, die einem den Glauben vorlebten: Vielleicht die Mutter, die abends am Bett die Geschichten aus der Kinderbibel vorlas und mit einem die ersten Gebete sprach. 


Da war vielleicht die Grundschullehrerin, die von Gott erzählte. 


Da war die Mitarbeiterin aus dem Kindergottesdienst, die die fröhlichen Lieder mit der Gitarre begleitete. 


Da war vielleicht der Opa, der auf seine einfache Art ohne viele Worte „Gottvertrauen” vorlebte.


Oder der Pfarrer, dem man abspürte, dass er glaubte, was er sagte. Man selbst probierte aus, was trug. So wuchs der Glaubensbau heran.


Manchmal wurde der Bau aber auch eine Weile stillgelegt.
Das passiert ja bei vielen Menschen nach der Konfirmation. Anderes erscheint einem wichtiger. „Keine Zeit, keine Lust. Ich kann mit Gott nichts anfangen. Das ist mir alles zu verknöchert.”

Manchmal stoppt der Weiterbau, weil Gott einem immer fremder wird, immer unverständlicher.

Dann, Jahre später wird die Arbeit an diesem Bau wieder mit doppelter Kraft aufgenommen. Die Geburt der eigenen Kinder und die Frage, wie man sie nun erziehen soll - wie man sie auch christlich erziehen könnte, bringen den „Glaubensbau“ wieder in Bewegung. 

Manche Erlebnisse lassen wieder nach Gott fragen. So kommt wieder Leben auf die Baustelle mit Namen „mein Glaube”.

Manchmal müssen Teile des Baus abgerissen werden, vielleicht sogar Teile, die man zu anderen Zeiten als „tragende Teile” angesehen hat. Gottesbilder verändern sich. Gottesvorstellungen werden anders gefüllt. Bibelworte fangen neu und anders an zu sprechen. Der Übergang vom Kinderglauben in den Erwachsenenglauben ist für viele auch schmerzhaft. Immer wieder schaut man, welche Fundamente halten, und welche sich als Sand oder Stroh entpuppen. 

Manchmal brechen Teile des Baus zusammen, durch schwere Lebenskrisen. Eine Krankheit, der unverständliche Tod eines geliebten Menschen, die Scheidung, beruflicher Stillstand oder Arbeitslosigkeit reißen manchmal Teile des Glaubensbaus nieder. Andere Bauabschnitte, die vormals filigran und unsicher dastanden erweisen sich dann auf einmal als tragfähig. Unser Glaubensleben war und ist ein Bau, der immer in Bewegung ist, sich verändert, vergrößert, entwickelt. 
Das Glaubensbauwerk hat schon Gestalt angenommen, es hat Kontur, aber es bleibt eine Baustelle. Unser Glaube als Teil des Reiches Gottes ist über das ganze Leben im Entstehen. Das ist das erste, was zu nennen ist. „Ihr seid Gottes Bau“, sagt Paulus.

2. Das tragende Fundament  

Um zu bauen, braucht es ein tragendes und festes Fundament. Wer etwas auf ein schwaches Fundament baut, darf sich nicht wundern, wenn der Bau wegsackt und dann mühevoll gestützt werden muss.
Paulus spricht vom guten und festen Fundament aller christlichen Gemeinden. Er sagt „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus,” Dieses Fundament soll kein Mensch legen, ja kann es gar nicht, weil es schon gelegt ist. Gott hat es gelegt. Es ist nicht aufgebaut auf einen siegreichen Herrscher, sondern auf den Gekreuzigten. 
Wir glauben, dass Gott uns bedingungslos liebt. Dafür steht Jesus Christus. Wir glauben, dass Gottes Liebe stärker als der Tod ist. Dafür stehen Kreuzigung und Auferweckung Jesu Christi.
Wir sind Gottes Kinder. Durch Jesus Christus werden wir mit hineingenommen in den Bund, den Gott mit seinem Volk Israel geschlossen hat. 
Das tragende Fundament ist schon gelegt. Das Fundament unseres Glaubens ist die Liebe Gottes, die in Jesus Christus Gestalt gewinnt. „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus,”

3. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Paulus sagt: „Wir sind Gottes Mitarbeiter“. 
Jeder und jede beteiligt sich am Bau.  Jeder und jede baut durch sein Tun und Lassen am Reich Gottes mit – oder auch nicht. Jeder tut das auf seine Weise. Der eine ganz vorsichtig. Der andere forsch. So verschieden wir Menschen sind, so verschieden bauen wir auch am Reich Gottes. 
Aber das Bauen am Reiche Gottes ist nicht beliebig.
Evangelisch sein heißt nicht: Alles ist möglich! Evangelisch sein heißt: Auf der gemeinsamen Grundlage der frohen Botschaft, des Evangeliums zu leben. Gestalten wir die Baustelle Kirche so, dass deutlich wird, wo unser Fundament ist?

4. Das Richtfest

„Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werd

Alles Bauen an Gottes Reich ist vorläufig und nicht endgültig. Das Reich Gottes ist noch im Werden. Es blitzt hier und da auf. Aber es ist hier in dieser Welt noch nicht endgültig da.

Manchmal wissen wir nicht, ob das, was wir tun, oder wie wir uns verhalten den Bau des Reiches Gottes fördert.

Manchmal wissen wir nicht, ob unsere Worte und Gesten und Taten dem Mitmenschen in seiner Situation helfen und so Reich Gottes gebaut wird. Manchmal wissen wir also nicht, ob wir –mit Paulus gesprochen- mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Heu oder Stroh bauen. 

Manchmal sehen wir auch nicht wie durch uns das Reich Gottes wächst. Aber wir werden es sehen.  

Unser Tun und Lassen ist nicht beliebig. Wir haben Verantwortung vor unseren Mitmenschen und vor allem vor Gott. Jeder Einzelne bleibt unvertretbar für sein Handeln vor Gott. Gott allein steht am Ende das Recht zu, über die Arbeit seiner Mitarbeiter zu befinden. Befreien und entlastend ist dabei, dass vom „richtigen“ Tun nicht Leben und Seligkeit abhängen. Wir „verdienen“ uns nicht durch unser Tun die Gnade Gottes. Aber wir haben die Aufgabe „Gottes Mitarbeiter“ zu sein, es zu versuchen.
Wie sagt es der Paulus: „Wir werden gerettet werden, jedoch nur wie einer, der gerade noch aus dem Feuer heraus kommt“. Gott wird gnädiger umgehen mit all den Landmännern und Landfrauen auf seinem Feld, mit all den Architektinnen, Zimmermännern und Polieren auf seinem Bau, mit all den Gärtnern und Gärtnerinnen in seinem Weinberg, als diese mit sich selbst.

Darum lasst uns miteinander mutig, zielgerichtet und gelassen unsere Begabungen und Fähigkeiten einsetzen und Gott darum bitten, dass er unser Tun segnet. Das gilt uns allen, aber heute vor allem Euch, dem neuen Presbyterium. Gott segne Euch in Eurem Tun. Amen.   

Einen gesegneten Tag wünscht Ihnen
Ihr
Pfarrer Ernst Schmidt